Kein Fund ist auch ein Fund

Entdeckungsreise im Grünen



Beim Leitungsbau zwischen Conneforde und Sottrum sind Eingriffe in die Umwelt nicht zu vermeiden. Damit diese so gering wie möglich ausfallen, führt TenneT unterschiedliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Erhaltung der Flora und Fauna durch. Aber wie weiß das Projektteam, welche Maßnahme für welche Tierart an welchem Ort notwendig ist? Dafür gibt es die Kartiererinnen und Kartierer der Baader Konzept GmbH. Für uns waren sie im Februar entlang der Südalternative – zwischen Berne und dem Ochtum-Sperrwerk – unterwegs. Dort haben sie nach Rast- und Gastvögeln Ausschau gehalten. 

Unterschiedliche Landschaften werden untersucht.

Mitte Februar, sonniges Wetter, aber dennoch frisch: Benjamin Roger von Baader Konzept blickt optimistisch in den Himmel. „Super Wetter heute! Es ist windstill und klarer Himmel. Da werden wir die Vögel sicher gut erkennen können." Seine Erleichterung ist ihm deutlich anzusehen. Denn egal, wie gut man sich auf den jeweiligen Tag einstellt, das Wetter muss mitspielen. „Da haben wir auch schon ganz bittere Erfahrungen gemacht. Wir waren top vorbereitet: Wir haben uns über das zu kartierende Gebiet informiert, sind die Meldungen über die Sichtung besonderer Arten durchgegangen und jeder Flächenbesitzer wusste Bescheid, dass wir kommen. Aber dann war es so stürmisch, dass kein Vogel zu sehen gewesen wäre. Da blieb uns nichts anderes übrig, als in unseren Hotelzimmern auf besseres Wetter zu warten“, erinnert sich Benjamin. 

Aber das soll heute anders sein. Die Kartierungsausrüstung ist schnell vorbereitet. „Für die Rast- und Gastvogelkartierungen nehmen wir neben dem Fernglas immer noch das Spektiv mit. Damit können wir näher an die Vögel heranzoomen und erkennen sie dadurch besser“, sagt Jasmin Hoppe, eine Kollegin von Benjamin, und zeigt auf ein etwa 50 Zentimeter langes und 10 Zentimeter breites Fernrohr. „Wir haben uns natürlich zuvor informiert, welche Vogelarten zu erwarten sind. Für die Erfassung anderer Artengruppen kommen andere Geräte zum Einsatz. Beispielsweise verwenden wir zur Erfassung von Fledermäusen einen sogenannten Batcorder. Das Gerät hilft uns dabei, die Fledermausrufe überhaupt orten zu können. Anhand des typischen Klangmusters können wir teilweise sogar die Fledermausart bestimmen. Wenn wir einen entsprechenden Fund hätten, würden wir Bäume auf potenzielle Quartiere für Fledermäuse und Brutplätze für Vögel überprüfen, damit sie bei Forstarbeiten nicht irrtümlich entfernt werden."

Die Kollegen von Baader Konzept achten darauf, ob es Vogelarten gibt, die mit unseren künftigen Masten kollidieren könnten. Falls ja, dann sind bestimmte Schutzmaßnahmen notwendig – beispielsweise Vogelmarken am Erdungsseil. Dabei handelt es sich um schwarz-weiß gestreifte Lamellen, die an das Seil befestigt werden. Die Marker flattern im Wind, wodurch die Vögel sie wahrnehmen und dem Seil ausweichen können.

Auch ein einzelner Vogel kann schon zur Notwendigkeit einer Schutzmaßnahme führen.

Zwischen Routine und Überraschung: Die Arbeit der Kartiererinnen und Kartierer

Einige Zeit lang passiert wenig, hier und da machen die Kartiererinnen und Kartierer eine Sichtung und wechseln gelegentlich den Standort. Fast scheint es so, als ob es heute keinen spannenden Fund geben wird. Aber plötzlich kommt Bewegung in die Sache. Es ertönt ein Vogelruf, Benjamin schreckt auf und fragt: „Habt ihr das gehört? Das muss doch ein Großer Brachvogel gewesen sein“. Die Kolleginnen und Kollegen von Baader Konzept suchen mit ihren Geräten die Grünfläche ab. Rund drei Minuten lang herrscht angestrengte Stille und plötzlich: „Da! Da hinten bei der einen Hecke. Das ist er doch!“ Tatsächlich steht dort ein etwa 55 Zentimeter großer Vogel mit einem langen, sichelförmigen Schnabel, völlig unbeteiligt blickt er sich um. Nachdem ihn alle gesehen haben, kramt Benjamin einen Stift heraus und markiert seinen Fund auf der Karte. Er grinst ein bisschen verlegen. „Die Kollegen tragen die Funde in ihre Tablets und Handys ein. Aber was soll ich sagen, ich bin in der Hinsicht eben alte Schule."

Kartierer Benjamin Roger durchsucht mit einer Kollegin aufmerksam den Bodenbereich.

Auch wenn die Entdeckung kurzzeitig für Bewegung gesorgt hat, hat der Fund keine Auswirkungen auf das Projekt. „Wir haben erwartet, dass diese Vogelart sich hier aufhält.  Das ändert vermutlich nichts an unserem Maßnahmenkatalog. Etwas anderes war es, als ich einmal nördlich von Bremen das Duft-Mariengras gefunden habe. Eine Pflanzenart, die in ganz Deutschland gefährdet ist. Diese Art kannte ich bis dato nur aus der Literatur. Wenn man sie dann mal leibhaftig zu Gesicht bekommt, ist die Freude groß. Aber dementsprechend zieht sie auch eine Menge Arbeit nach sich. Denn dann mussten wir auf einmal ungeplante Kompensationsmaßnahmen aufnehmen. Aber das ist eben unser Job. Wir dokumentieren alles, was wir finden, und empfehlen dann entsprechende Konsequenzen“, erklärt Benjamin.

Kommunikation ist Trumpf

Nach rund fünf Stunden ist die Arbeit getan. „Es wird langsam dunkel. Dann hat es keinen Sinn mehr, nach den Vögeln Ausschau zu halten“, fasst Benjamin Roger mit einem letzten Blick in die Dämmerung zusammen. Beim Einpacken freuen sich die Kolleginnen und Kollegen, wie erfolgreich die heutige Kartierung lief.

Die Mitarbeiter von Baader Konzept nehmen ihre neu erfassten Daten mit in ihr Büro, um sie dort auszuwerten. Am Ende des Prozesses steht ein Maßnahmenkonzept, damit das Projekt Conneforde – Sottrum naturschutzrechtlich genehmigungsfähig ist. „Nachdem wir die Daten ausgewertet haben, schicken wir euch das Ergebnis. Abhängig von der Projektgröße kann das mehrere Wochen dauern“, gibt Benjamin an.

Und wann kommen die Kolleginnen und Kollegen von Baader Konzept wieder in diese Region? Benjamin lacht: „Aus beruflichen Gründen voraussichtlich nicht innerhalb der nächsten fünf Jahre. Ansonsten gerne wieder. Beim Genehmigungsverfahren müssen wir darauf achten, dass die Kartierdaten nicht älter als fünf Jahre sind. Anderenfalls müssen wir diese auf Plausibilität prüfen. Aber hier sind wir erstmal durch“.

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